Jeder von uns zeigt sich in den sozialen Medien von seiner besten Seite: Um den richtige Winkel zu treffen, schiessen wir schon einmal Dutzende Selfies, dank blumigen Filtern können wir plötzlich alle wahnsinnig gut kochen und eigentlich waren wir auf dem Kurztrip in die Berge gar nicht so happy, wie es das sorglose Lächeln unseren Followern vorgaukelt.
Nichts Neues, klar. Die 32-jährige Reise-Bloggerin Carolyn Stritch unterstrich mit einem Experiment aber einmal mehr, wie künstlich die Scheinwelt von Instagram doch ist. Sie machte sich nicht nur jünger, sondern wurde nebenbei auch noch zur Disney-Prinzessin.
«Ein neues Gesicht»
Mit mehreren Posts liess Stritch ihre 194'000 Abonnenten glauben, sie sei eigentlich zehn Jahre jünger. Dazu pimpte die Britin ihre Fotos mit einer App: «Ich trug eine Bettfrisur und kein Makeup. Doch mit einem Knopfdruck verändert sich alles: Die Konturen werden klarer, die Falten geglättet, Augen und Lippen grösser – ein neues Gesicht», schreibt sie in ihrem Blog.
In der Caption behauptete sie, sie feiere ihren 22. Geburtstag und fahre deshalb nach Disneyland. Zack – 15'000 Likes für ein Foto, das mit der Realität rein gar nichts zu tun hat.
Alleine vor dem Märchenschloss
Selbst der Trip nach Disneyland war eine Lüge. Um ihren Followern den perfekten Geburtstags-Trip vorzutäuschen, bastelte die Influencerin sich selbst in ein Bild des Parks. Keine Touristen, keine Maskottchen, einfach nur sie ganz alleine vor dem Disney-Schloss – ein einziges Märchen.
Am nächsten Tag löste Stritch ihr Experiment auf. Laut eigener Aussage ging es ihr nie darum, ihre Fans zu verarschen – sie wollte vor allem etwas über ihr eigenes Online-Verhalten lernen: «Mein fiktionales Narrativ sollte die Art, wie ich mich selbst im Internet darstelle, herausfordern.»
Die kleinen Lügen des Insta-Alltags
Selbst die Fotos, die die 32-Jährige normalerweise auf ihrem Channel postet, würden nämlich nicht zu hundert Prozent der Realität entsprechen. «Ich benutze zwar keine Apps, um mich jünger zu machen oder täusche vor, an Orte gereist zu sein», schreibt sie. «Aber ich lese zum Beispiel nie vor dem Fenster» – dabei ist ihr Account voller Fotos, in denen sie genau das zu tun scheint. Manchmal sei die Tasse, die sie auf Bildern in der Hand hält, eigentlich leer, ausserdem ziehe sie ihren Bauch ein und stelle Möbel um, damit die Wohnung besser zur Geltung kommt. «Ist das falsch? Ich weiss es nicht.»
Für das Experiment schoss die Bloggerin deshalb bewusst übers Ziel hinaus. «Ich ging absichtlich zu weit, um herauszufinden, wie ich mich in Zukunft vernünftig inszenieren und trotzdem verantwortungsvoll sein kann», schreibt sie. Ihre Botschaft: «Hinterfragt alles!»
Diese Message mag wichtig sein, vor allem für junge User, die Posts ihrer Vorbilder zu wenig kritisch betrachten. Wir wollen uns aber mal an Stritchs Rat halten und auch ihr eigenes Experiment hinterfragen – so erhält es schnell einen schalen Beigeschmack: Die App, mit welcher sie sich jünger machte, wird in ihrem Blog nämlich relativ prominent genannt und inklusive Preisangabe verlinkt. Ein Schelm, wer hier an Sponsoring denkt.
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