3.5 Prozent aller Schweizerinnen und Schweizer litten laut dem Bundesamt für Gesundheit bereits an einer Essstörung. Gerade in westlichen Ländern ist die Magersucht traurigerweise immer weiter verbreitet. Logisch, dass sich da nicht nur besorgte Familien und Freunde, sondern auch die Entertainment- und Medienindustrie mit dem Thema auseinandersetzen.
Einen prominenten Versuch lieferte Netflix mit «To the Bone». Die Eigenproduktion des Streamingriesen wurde aber von unzähligen Menschen hart auseinandergenommen. Die Probleme: Die Protagonistin ist cool, rebellisch, frech. Und im Film zeigt sie eindrücklich detailliert ihre krankhaften Abnehmmethoden. Das lädt zur Nachahmung ein. Aber es verschuf Netflix auch ziemliche Promo für den Streifen.
Zehnteiliger Videoblog
Die BBC-Produktion «Overshadowed» will das Thema nun etwas weniger glanzvoll aufgreifen: Im Style einer Vloggerin. Die Protagonistin Imogene (Michelle Fox) entschliesst sich zu Beginn der bisher zehnteiligen Serie dazu, einen Videoblog über ihr Leben zu führen. Was zu Beginn nach einem üblichen Leben mit Shopping, Freundinnen und ein bisschen Flirten aussieht, verwandelt sich ziemlich rasch in ein verdammt deprimierendes und verdammt realistisches Portrait einer Magersüchtigen.
Um die Krankheit glaubwürdig festzuhalten, stellt die Serie der Protagonistin die Essstörung als Alter Ego zur Seite. Die Autorin Eva O’Connor, die mit Magersucht zu kämpfen hatte, schlüpft gleich selbst die Rolle von Anna, dem bösen Anorexia-Engelchen, dass Imogene wieder und wieder einflüstert, aufs Essen zu verzichten, auf ihre Familie zu verzichten, auf ihr Leben zu verzichten.
«Ich bringe dich auf die Leinwand, Bitch!»
Für O’Connor ist die Serie auch ein Abschluss mit ihrer eigenen Krankheit: «Anna zu spielen ist für mich wie ein fetter Mittelfinger für meine Essstörung», sagt die Autorin dem «Guardian». «Ich dachte mir dauernd: ‹Haha, jetzt bringe ich dich auf die Leinwand, Bitch!› Auf eine kuriose Art finde ich das ziemlich witzig.»
Dass die Serie im Vlog-Style daherkommt, macht sie ziemlich authentisch. Man begleitet die Protagonistin beim Ausflug ins China-Restaurant mit all ihren Freundinnen und kriegt das ganze Spektrum ihrer Ausreden zu hören, weshalb sie jetzt nichts essen möchte. Und immer, wenn sie kurz davor ist, die Kurve zu kriegen, klopft ihr die Krankheit auf die Schulter und verlockt sie zur Selbstzerstörung. Das ist ziemlich traurig, aber leider auch ziemlich realitätsnah.
Falls du jemanden kennst, der mit Essstörungen zu kämpfen hat oder du selbst betroffen bist: Die Arbeitsgemeinschaft Ess-Störungen AES bietet dir Unterstützung, Therapieberatungen und Infos.
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